Weil Hotelübernachtungen in Norwegen um die 120 Euro kosten, nehme ich ein Zelt mit. Ich habe mir ein großes Zelt gegönnt: Es ist ein Tunnelzelt mit einer Schlafkabine, von der keine Seite kürzer als 2,20 Meter ist. Ich bin nämlich selbst 1,90 Meter und hasse es, an der Zeltwand anzustoßen. Meine letzte Motorradtour mit Zelt ist schon eine ganze Weile her. Ich muss zugeben, ich hoffe auf günstige Hütten.
Es gab beim Passknacker schon länger Punkte in Norwegen, und auch einen Landespreis. Dieser hatte schon immer die meisten Kilometer zwischen den Punkten. Mit anderen Worten, wer in der Rangliste was werden wollte, fuhr da nicht hin. Es waren auch insgesamt wenig Punkte, und für mich war die Anreise immer arg weit, um das innerlich zu rechtfertigen. Zum Nordkapp ist es selbst auf dem schnellsten Weg 50% weiter als nach Moskau oder zum südwestlichen Eck Portugals. Und ich fahre nicht den schnellsten Weg. Dann kam eines schönen Jahres Schweden zusätzlich zum Passknacker dazu, und Norwegen hat zusätzliche Punkte = Ziele in der Datenbank bekommen. Dann war ich interessiert: Das lohnt die Anreise! Gut, was haben wir auf dem Teller?
118 Punkte in Norwegen und 36 Punkte in Schweden wollen angefahren werden. Ich habe zum Vergleich unten mal Deutschland mit eingeblendet damit man sieht: Norwegen und Schweden sind beide jeweils größer als Deutschland. In Ost-West-Richtung ist die Karte etwas verzerrt, aber nicht in Nord-Süd-Richtung. Es geht wirklich weit nach Norden. Norden-Weg, Nordweg, Norwegen eben. Mein Routenplaner sagt: 12000 km. Mein Kalender sagt: 4 Wochen hektisch, oder 5 Wochen entspannt. Hm! Was sagt meine Arbeit? Hat man mir beim Vorstellungsgespräch nicht was von Sabbatical erzählt? Ist nach dem Großereignis im Juni 2024 nicht eh erstmal Schluss mit Thema A, und Thema B noch gar nicht so dringend? Chef kann ich nicht fragen, der genießt gerade Elternzeit. Das zweite Mal übrigens, die kann man bei uns aufteilen. Er steht dem Work-Life-Thema also aufgeschlossen gegenüber und als er sich nach meiner Anfrage darin einliest, richtet er sich auch so ein Lebensarbeitszeitkonto ein, und genehmigt meinen Antrag für August 2024. Ich nehme die 3 Arbeitstage der letzten Juliwoche dazu und komme so auf sagenhafte 5 Wochen Urlaub, 35 Tage, mit dem Wochenende davor 37 Tage. So lange war ich noch nie auf Tour. Praktisch, dass das Versysforum Jahrestreffen zeitlich um räumlich am Rückweg liegt - als hätte ich es geplant

5 Wochen alleine wäre lange. Aber wer macht sowas mit? Christoph macht sowas mit! Der macht sowas sogar häufiger, und wir haben wir eigentlich auch schon uns gegenseitig die Absicht erklärt, nach Wladiwostok zu fahren, und wenn man schon unterwegs ist, dann auch gleich die alte Seidenstraße, durch die "Stans". Leider hat dann jemand so 'nen albernen Landkrieg in (fast) Asien angezettelt und daher ist das alles nicht einfacher geworden. Wir waren schon zusammen in Kroatien, Bosnien, Montenegro unterwegs, und das "passt scho", wie der Franke sagt.
Reisevorbereitung! Das Motorrad bekommt frische Reifen. Klar ist, dass es in Norwegen und Schweden schonmal regnen kann, und dass Reifenwechsel vor Ort nicht an jeder Ecke angeboten werden auch nicht zum Sparpreis. 12000 km ist nicht wenig, daher den Laufleistungskönig Conti TKC 70. Heidenau K60 in beiden Varianten würden vielleicht noch länger halten, aber da hätte ich Bammel im Regen. Ich kenne meine neue Aprilia Tuareg noch wenig, aber ich hatte eine baugleiche schon 1 Woche gemietet, daher weiß ich, dass das passen wird. Ich lasse noch meine Impfungen auffrischen und hole mir meine erste FSME-Impfung zum Schutz vor Zeckenbissen, denn Norwegen ist tatsächlich FSME Risikogebiet.
Gepäck: Ich habe zwei Seitenkoffer und ein Topcase. Je 1 Seitenkoffer nimmt Übernachtungsgepäck und Zeltinneneinrichtung (Luftmatratze) auf. Das Topcase dient als Ersatz für den Tankrucksack, also für Getränke, Snacks, Motorradklamotten aller Art. Regensachen und eine zweite Garnitur dürfen mit. Außerdem Essen und Trinken fürs Camping. Da fehlt mir noch etwas die zündende Idee. Letztes Mal, 2013, habe ich mich von Müsliriegeln und Fischkonserven ernährt. Inzwischen habe ich zwar mehr Geld, aber es gibt auch wenig bis keine Campingplätze mit Restaurant.
Fahrerausrüstung: Es kann ausgiebig regnen. Neben Griffheizung und Sitzheizung nehme ich einen kompletten Satz Heizkleidung mit, also heizbare Socken, Hose, Jacke (alles zum drunter ziehen) und ein paar beheizte Handschuhe. Bei 5 Wochen kann man auch mal eine zweite Motorradhose mitnehmen mit fester Membran statt der sonst besser atmenden, die sich aber vollsaugt. Außerdem neue Stiefel und neue Handschuhe in der Hoffnung, dass sie dicht seien mögen. Ein Helmvisier mit Pinlock ist Pflicht. Ich wähle trotz Bedenken das verspiegelte Visier. Ich fahre nicht nachts, es wird nie ganz dunkel, und es ist genug PKW- und Wohnmobilverkehr, dass ich in Tunnels im Notfall einfach Lichtern folgen könnte. Zur Kommunikation mit dem Mitfahrer schaffe ich nach diversen Enttäuschungen mit Sena ein Zweierpack China-Intercoms an, die für 26 Euro das Paar lustig bunt leuchten, Bluetooth mit dem Handy können und auch direkt miteinander funken können.