Pässe knacken in Sizilien im November 2024

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blahwas
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Pässe knacken in Sizilien im November 2024

#1 Beitrag von blahwas »

Ich fahre ja gern Motorrad, am liebsten kurvige und bergige Strecken. Das Projekt Passkacker versorgt mich (und alle anderen, die wollen) einer Sammlung von "Pässen", wo man Motorrad fahren kann, und wo's dann auch meistens kurvig und bergig ist. Nicht jeder Passknackerpunkt würde als Alpenpass durchgehen, aber es besteht ja keine Pflicht, dort hin zu fahren. Ich will systematisch alle Passknackerpunkte abfahren, und gehe da seit ein paar Jahr Land von Land vor, bzw. Insel für Insel. Netter Nebeneffekt, man bekommt eine nette Tafel geschenkt, wenn man alle Punkte in einem Land innerhalb eines Jahres angefahren und davon Foto-Nachweise hochgeladen hat.

Meine Saison 2024 war geprägt von 5 Wochen in Norwegen und Schweden im August, 2 Wochen in Korsika im Mai und einem verlängerten Wochenende in Ungarn zu Ostern. Normalerweise fahre ich im September in die Alpen, das fiel dieses Jahr terminbedingt leider aus. So maloche nun monatelang vor mich hin, bis der Gedanke reifte, wenigstens im November noch was zu machen. Da ist das Wetter in Deutschland oft extra feucht-mies-kalt, alle Kollegen sind da und haben gute Ideen und spannende Aufgaben für einen, überall ist Stau und Baustelle - nix wie weg! Da kam Sizilien gerade recht. Gute Infrastruktur für Touristen: günstige Direktflüge, Unterkünfte, Motorradvermietung (zumindest bis 650 ccm). Geplant, geguckt, das passt! Beschluss gefasst, im Freundeskreis gefragt - keiner wollte mit. Also in der Passknacker-Gruppe gefragt - zwei wollen mit. Prima! Was haben wir da vor uns?

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56 Passknackerpunkte, in einer Rundtour 1535 km lang, 32h Fahrzeit - das geht rechnerisch in 4 Tagen, bequemer sicherlich in 5 Tagen. Ich wurde gewarnt, dass die Straßen eng und unübersichtlich sind. In Süditalien bevorzuge ich bei der Planung generell eher größere Straßen, und noch südlicher als Sizilien wird's in Italien nicht.

Weil Direktflüge nach Sizilien nicht jeden Tag gehen bleibe ich für 5 Fahrtage 7 Nächte. Ich habe also je einen ganzen Tag für An/Abreise, und einen Tag bin ich als Fußgänger auf der Insel.

Kostenschätzung: Flüge 150 Euro, Motorrad 5 Tage 400 Euro, einfache Unterkünfte Einzelzimmer 60 Euro x 7, Benzin für 1500 km.

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blahwas
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Re: Pässe knacken in Sizilien im November 2025

#2 Beitrag von blahwas »

23.11. Anreise

Ich wähle für den Weg zum Flughafen meine treue Kawasaki Versys. Zuvor prüfe ich aber die Wetter- und Straßenverhältnisse, denn wir haben bereits 0° nachts und einzelne Schneeflocken. Heute ist alles gut, die Straßen sind trocken. Mein Gepäck kommt in einen alten Tankrucksack, rechteckig, zweiteilig, erweiterbar. Der größere Teil ist Aufgabegepäck, der kleinere Handgepäck. Mein Klapphelm ist ebenfalls Handgepäck. Der Motorradvermieter wirbt zwar mir "Helmmiete inklusive!", aber das scheinen nur Jethelme zu sein. Angesichts von Temperaturen von 1° morgens in den Berge kommt das auch aus Komfort-Gründen nicht in Frage, und nicht nur aus Sicherheitsgründen.

Mein Ryanair-Flug hat etwas Verspätung, der Flug ist ereignislos, ich habe einen Gangplatz und bin mittlerweile geübt darin, meinen Kopf gegen Touristen mit viel Eile und wenig räumlichen Vorstellungsvermögen zu schützen (kräftig am Rucksack rütteln und sich dann entschuldigen, dass man sitzend leider seinen Kopf da hatte). In Palermo hat's angenehme 16 Grad, da landet gleich der Pulli im Stoffbeutel, mit dem ich von nun an mein Gepäck schleppe. Für den Transit zum Hotel habe ich mir den Zug ausgeguckt. Das Ticket ist schnell gekauft, und der Weg ist auch klar. Unterwegs wird's dann doch etwas lästig. Es gibt keine Anzeige im Zug, welche Station die nächste ist, man hat wegen vieler Tunnel wegen Handy- und GPS-Empfang, aber das klappt. Es gibt auch eine Ticketkontrolle, wo die Hälfte der anwesenden Jugendlichen "freiwillig" aus dem Zug geht. Dass ich mein Ticket eigentlich hätte stempeln müssen stört niemanden.

In den Bus umsteigen ist dann schon anspruchsvoller, ich bin ja nicht klein, und mit dem Gepäck passe ich kaum durch den Gang, aber 1,80 Euro und 20 Minuten später bin ich kurz vorm Hotel, bzw. vor der Ferienwohnung. Der Vermieter öffnet die Tür per Internet, im Treppenhaus ist eine Schlüsselbox. Die Ferienwohnung ist mir eigentlich zu groß, das macht aber nichts. Sie liegt sehr zentral in Palermo, nah am Motorradvermieter, aber nicht direkt an einer Hauptstraße.

Nach dem Auspacken und der Katzenwäsche gibt's eine kleine Erkundungstour, und dann treffe ich meine Mitstreiter Wolfgang zum Abendessen. Lilu war ebenfalls interessiert an dieser Reise, hat aber kurz vorher abgesagt. Kein Problem, ist alles freiwillig :) Wolfgang kannte ich zuvor nicht, aber die Chemie stimmt, und das Abendessen schmeckt auch. Sehr guter erster Urlaubstag - keine Termine mehr! :)

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Re: Pässe knacken in Sizilien im November 2025

#3 Beitrag von awv99 »

Wie gewohnt ...:-)

Sehr schöner Reise - Bericht :top:

Bin sehr gespannt
auf die nächsten Tage ....


Btw.
Imho bist Du Deiner Zeit ( 2024) um ein Jahr voraus...:-)

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Re: Pässe knacken in Sizilien im November 2025

#4 Beitrag von je0605 »

Freute mich auch auf eine Planung für '25 zu lesen.
Nehme aber auch liebend gerne den Live Reisebericht!!! :jubel:
Viel Spaß euch beiden!
Gruß Bonsai
_______________________

Beim Beschleunigen müssen die Tränen der Ergriffenheit waagerecht zum Ohr hin abfließen 8-)

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Re: Pässe knacken in Sizilien im November 2025

#5 Beitrag von Mago »

Hab viel Spaß Johannes.
Sehr ärgerlich.
Ich durfte meinen Rest Urlaub letzte Woche hier verbringen.
Genieße die Insel und gutes gelingen.
Gruß Mago
Gruß aus sehn.de

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blahwas
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Re: Pässe knacken in Sizilien im November 2024

#6 Beitrag von blahwas »

Noch zwei Fotos von gestern Abend:

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24.11. Palermo als Fußtourist

Heute habe ich nix zu tun, außer mir Palermo anzuschauen. Ich habe nix gebucht oder geplant und gucke morgens in Ruhe, während ich meine gestern gekauften Muffins schnabuliere. Dann verlasse ich die Bude und besuche per pedes:

Palazzo Reale / Palazzo dei Normanni - ein echter Prunkbau. Mit 14,50 Eintritt kein Schnäppchen, aber auch umfangreich. Es gehört auch ein botanischer Garten dazu. Es gibt Gemälde, Skulpturen, Fresken, und vor allem beeindruckende Architektur.

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Einige Künstler haben Tiere gemalt, die sie zuvor definitiv noch nie gesehen haben - Zugang zu einem Tierpark hatte fast niemand.

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Chiesa del Gesù - Öffnungszeiten schwierig, Heute am Sonntag ist entweder Gottesdienst oder geschlossen, man muss die Zeit kurz danach erwischen. Ich vertreibe mir die Zeit mit einer Dose Cola in einem indischen Imbiss. Die Kirche ist kostenlos und viel imposanter, als es das Umfeld erwarten lassen würde.

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Palazzo Chiaramonte (Steri) - Gefängniszellen aus Zeiten der Inquisition mit erstaunlich schicken Malereien, die von Gefangenen mit dem gezeichnet wurden, was sie finden konnten - als Material Erde und Körperflüssigkeiten, als Werkzeuge nur die Fingernägel. Da die Inquisition gezielt gebildete Menschen vernichtet hat, fallen die Schriften und Malereien anspruchsvoller aus, als man es erwarten würde. Es war auch ein Engländer dabei, so dass man hier ein englisches Gebet lesen kann.

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Man kommt nicht ohne Führung rein, die gibt's aber auch in Englisch und für 8 Euro echt nicht teuer. Im Innenhof ein Durcheinander der Architekturen verschiedener Epochen, Kenner werden unruhig.

Danach schnappe ich mir in einem Touristenladen noch einen 230V-Adapterstecker. Eurostecker passen zwar in Italienische Steckdosen, aber Schukostecker nicht. Bisher hatte ich in meinem Reisegepäck keine Geräte dabei, die Schukostecker brauchen. Leider hat mein Reise-Laptopnetzteil mit Eurostecker in Skandinavien einen Wackelkontakt entwickelt. Darum habe ich jetzt das Originalteil dabei, und das hat einen Schukostecker. Da mir die Füße und der Kopf inzwischen qualmen ist es Zeit für ein taktisches Nickerchen. Ich möchte auch nicht 20 Minuten zurück laufen, Bus kommt gerade keiner, also ab auf einen Stehroller! Beim Ersten ist der QR-Code nicht lesbar, und auch die Buchstaben nicht. Beim nächsten klappt es und ich rumple ungefedert über die Nebenstraßen Palermos, später dann die Hauptstraße entlang. Das ist wirklich kein gutes Fahrgefühl, so ohne Federweg und mit sehr tiefen Löchern und Furchen. Angesichts der Marmorblöcke, mit denen die Nebenstraßen gepflastert sind, sollte man darauf bei Regen verzichten. Leicht seekrank komme ich am BNB an, schnappe mir noch 'ne Flasche Wasser und eine Tüte Chips, ziehe mich zurück.

Grundsätzlich ist Palermo eine sehr interessante und vielfältige Stadt, reich an Kultur, Abwechslung und Vielfalt, aber nicht reich per se. Es ist nicht überall sauber, Einheimische haben es nicht alle leicht. Je nach Lage liegt Müll und alle Arten von Unrat rum. Es ist oft eng.

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Autofahrer parken überall wo es geht, und in den Nebenstraßen auch überall wo es eigentlich nicht geht, so lange noch ein weiteres Auto durchpasst. Man kommt teilweise kaum mehr auf den Fußweg, falls es überhaupt einen gibt. Die Menschen sind aber nett. Daran ändern auch einzelne "Tourist go home" Graffiti nicht. Nach dem Nickerchen gibt's noch ein Abendessen mit Wolfgang. Ich wähle Pasta mit grüner Spargelcremesoße, angebratenen grünen Spargelspitzen und Speck. Mjam! Zum Nachtisch Cheesecake-Eis, so viel Zeit muss sein. Dann den Tag Revue passieren lassen und mir überlegen, wie ich morgen wieder alles eingepackt bekomme... 9 Uhr gibt's die Motorräder, die Wettervorhersage ist für die ganze Woche trocken :)

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Re: Pässe knacken in Sizilien im November 2024

#7 Beitrag von Helly »

blahwas hat geschrieben: 24. Nov 2024 17:34 ...Also in der Passknacker-Gruppe gefragt - zwei wollen mit. Prima!
Sag mal, gibts do noch ne aktivere Runde? Das Forum ist verwaist, facebook leer und die Siegerehrung halt nur einmal im Jahr zum plaudern und Pläne schmieden

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blahwas
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Re: Pässe knacken in Sizilien im November 2024

#8 Beitrag von blahwas »

25.11. Etappe 1/5 "Abwege im Südenwesten"

Heute ging's früh aus den Federn. Nach zwei Nächten habe ich mich erstaunlich breit gemacht in der Ferienwohnung und muss alles wieder ordentlich eingepackt bekommen. 8:30 geht's aus dem Haus, zum Motorradvermieter 4 Straßen weiter. Wolfgang ist schon da, er hat der Vermieter die Tage vorher gebeten, pünktlich für uns zu öffnen - tatsächlich erscheint um 9 Uhr eine junge Frau auf Krücken und schließt auf. Sportunfall, kein Motorradunfall! Wir sehen sofort, dass hier eine Moto Morini X-Cape steht. Zwei wären noch besser. Sie versichert uns, dass die zweite gerade geholt wird. Wir beginnen mit der Verwaltung. Jeder leistet 6 Unterschriften. Ich nehme noch ein Topcase dazu, für 3 Euro am Tag sage ich nicht nein. Pannenhilfe kostet 12 Euro am Tag, das erscheint mir zu viel - da zahle ich daheim für den Schutzbrief je Motorrad das ganze Jahr weniger. Es erscheint ein weiterer Mitarbeiter, kurz darauf ist keine Moto Morini X-Cape mehr vor Ort. Nicht ärgern, wir sind in Italien und die Sonne scheint. Jemand anders holt eine Versys-X 300 ab. Die hätte ich auch fast genommen, damit war ich schon einen Tag erfolgreich im Sauerland unterwegs, die hat aber keine USB-Dose.

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Also Moto Morini X-Cape. Die scheint technisch eng mit meiner Kawasaki Versys 650 verwandt zu sein, ist aber nicht lizenziert. Schon bald erscheinen zwei Moto Morini X-Cape, eine graue und eine weiße, mit frischem Kettenspray. Es sind je zwei Reifen montiert, mit Profil bis zum Boden! Ausgezeichnet. Für mich ist die Graue gedacht. Die weiße finde ich eigentlich schöner, dafür hat meine Sturzbügel, die auf beiden Seiten schon Gebrauchsspuren haben - da kann ich also nix mehr kaputt machen :) Meine beiden Tankrucksackhälften passen tatsächlich ins Topcase, Wolfgang verschnürt derweil seine kleine Packrolle mit Rokstraps. Mein Navihandy kommt an den Lenker und an die USB-Dose, in der Hoffnung, dass die Leistung reichen möge. Und dann geht's los, raus aus Palermo.

Protipp: Wenn euch Navis vor Maut warnen auf Strecken im Raum Palermo: Damit ist nicht die Autobahn gemeint, die ist hier mautfrei. Es gibt allerdings eine Citymaut für die Innenstadt. Davon sind Motorräder aber ausgenommen, also ab durch die Mitte! Nicht zurückstecken, aber auch nix riskieren und auch nicht Wolfgang aus den Augen verlieren. Nach ein paar Minuten habe ich mich halbwegs ans Motorrad gewöhnt, den Kupplungshebel tiefer gestellt, die Spiegel geputzt und die Hupe gefunden. Mein Navihandy mag die Bordsteckdose und zeigt bald dauerhaft 100% Akku an. Irgendwann sind wir raus aus der Stadt und haben diesen Blick zurück:

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Hier fahren komische Sachen rum.

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Wegen der Ladungssicherung sollte man diesen LKW besser schnell überholen:

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Dann verlassen wir endlich den Verdichtungsraum Palermo und es wird hübsch einsam.

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Der Straßenzustand ist typisch Süditalien bunt gemischt, von neu bis haarsträubend, gern im Wechsel. Eine örtliche Spezialität sind Absackungen. Auf dem Abstecher zum Portella Sant' Agata hoch fällt mir ein besonders ausgeprägtes Exemplar in Gegenrichtung auf. Auf dem Weg runter habe ich es leider schon wieder vergessen und staune dann nicht schlecht. Da hilft nur Runterbremsen, soweit noch möglich, und dann aufrecht, stehend und ruhig drüber. Runter ist einfach, die Stufe danach rauf schon eher. Das dürften 25 cm Absatz sein. Das ist weniger als die Hälfte des Vorderraddurchmessers, das geht. Jetzt muss nur noch das Hinterrad... und schon bekomme ich stehend fahrend von der Sitzbank einen Arschtritt. Den habe ich mir wohl verdient. Dabei fährt die Morini freundlicherweise weiter geradeaus, und auch das Fahrwerk beruhigt sich bald. Topcase und Handy sind ist noch da, gesehen hat's auch keiner, also etwas wacher weiter. Bald geht's mit einer sehenswerten Brücke auf die Hauptstrecke.

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Wir folgen nur der Hauptstrecke SS624 einmal von Nord nach Süd über die Insel, weil der Portella Misilbesi so weit entfernt vom Rest der Punkte liegt. Da kommt man gut voran, kann schön Landschaft gucken, und es ist auffallend wenig los. Das Passknackerteam hätte hier locker noch 5 weitere Punkte entlang des Weges eintragen können, aber sei's drum. Weiter auf der Route geht's per SS188, die auch wieder sehenswert ist. Zeit für eine Pause!

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Der Mafia-Film "Der Pate" wurde teilweise in Sizilien gedreht, und dieser Ort hier gab dem Paten seinen Nachnamen.

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Weitere Filmlocations wollte ich nicht besuchen. Einerseits bin ich nicht so DER große Fan, andererseits ist der Film auch über 50 Jahre alt, und die anderen Locations liegen alle mehr als 1 km abseits meiner geplanten Route ;) Weiter geht's ins Landesinnere. Jetzt darf mich OSMand führen, und leider kommen dabei solche Wege raus.

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Wenn man OSMand die unbefestigten Wege nicht verbietet, dann nimmt es wohl oft gern lieber 9,9 km Trampelpfad als 10 km Bundesstraße. Das zehrt an der Ausdauer, und schneller ist es auch nicht. Auch wenn wir mit den Moto Morinis auf Reifen Typ Pirelli Scorpion Rally STR dafür ziemlich gut angezogen sind. Nettes Detail, ich habe die "Adventure" mit Sturzbügeln, aber Gussfelgen, während Wolfgang auf dem Basismodell Speichenfelgen hat. Da hat der Vermieter wohl irgendwann Räder getauscht. Das macht aber nix, die Dimensionen sind gleich: 110/80-19 und 150/70-17. Ich bin etwas schneller als Wolfgang. Das stört mich nicht, so kann ich gelegentlich kurze Pausen machen, die Hände ausschütteln und Wolfgang fahrend fotografieren.

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Da wir das offensichtlich gut hinbekommen, und weil Sizilien nur einen XXX-Schotter-Pass hat, nehme ich den noch mit in die Route, und des ist dann nicht so doll wie die Wege zuvor. Auch deutlich danach wird die Route leider wieder abwegig. Der OSMand-Abweg war nach 10 km gesperrt mit einem Seil, OSMand fand aber noch einen anderen noch abwegigeren Abweg drum herum.

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Da kamen wir zwar durch bzw. den Berg runter, aber irgendwo hört der Spaß auch auf. Den Rest des Tages habe ich mich wieder von Google Maps leiten lassen. Leider wird's auch schon spät...

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Sonnenuntergang ist um 16:30, und den ersten Pass hatten wir erst 10:09 im Kasten. Wir werfen also einen Punkt für heute aus der Route, der quasi auf einem Abstecher hinter der nächsten Unterkunft liegt, und verschieben ihn auf Morgen. Morgen können wir schließlich so früh starten, wie wir wollen. Auf den letzten Kilometern wird's dann komplett dunkel und wir haben ein nervig vollgestaute Ortsdurchfahrten vor uns. Im Dunkeln durchquetschen ist mir wegen Fußgängern zu riskant, und zu zweit eh sinnlos. Mir tut die linke Hand vom Kuppeln weh und rechts scheuert der Knieprotektor unschön an der Kniescheibe... An der Ferienwohnung angekommen sind wir beide sehr erleichtert. Das war eine harte Tour heute. Die nächsten Tage wird ohne unbefestigte Wege navigiert.

Dafür gönnen wir uns aber heute eine fürstliche Pizza zum Abendessen!

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Hausaufgabe: Identifizieren Sie alle Beläge dieser Pizza! Abfrage zum Ende des Reiseberichts. Kosten 2 Pizzen inkl. 2 Cola: 18 Euro.

Tagesroute:
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350 km heute, 11 von 51 = 21,6% Landespreis, 100% Sizilien XXX

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Re: Pässe knacken in Sizilien im November 2024

#9 Beitrag von Exekutor »

.... Würschtl'n auf der Pizza!!!! wenn des unsre Pizzeria mocht, wird da Koch vierteilt!!!!

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blahwas
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Re: Pässe knacken in Sizilien im November 2024

#10 Beitrag von blahwas »

26.11. Etappe 2/5 "Südosten"

Die Nacht war erholsam, das tut gut. 7 Uhr aufstehen, Blick vom Balkon genießen. Urlaub!

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Die Motorräder sind auch noch da. Es war 9 Uhr Abfahrt geplant. Da das BNB-Frühstück wenig hergibt, war es tatsächlich 8:30 um Start. Das ist gut. Wir müssen ja noch den Sella Omomorto einsammeln, also 2x 19km extra - heute stehen satte 395 km auf dem Plan. Dazu geht's zunächst der Küste entlang auf einer Hauptstrecke. Wir biegen ab auf die alte Nebenstrecke, da ist die Strecke feucht - es hat wohl kurz vorher geregnet. Angesichts des Straßenzustands sind wir froh, dass es fast schon wieder trocken ist. Die Sonne scheint und wärmt gut.

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Weiter zum zweiten Punkt suchen wir eine Bäckerei für ein besseres Frühstück, finden aber nix. Wir vertagen den Snack auf Mittag. Der dritte Punkt ist heute Portella Corso. Das ist der südlichste Passknacker auf Sizilien, und der südlichste Punkt unserer Reise. Westlich von uns ist Tunesien. Südlichere Punkte in der Datenbank gibt's aber in Kreta. Wir knacken uns weiter durch die Landschaft, ich vorne, Wolfgang hinterher. Wolfgang hat die schöneren Farben am Motorrad.

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Mittags gibt's etwas Sprit für die Morinis, und für uns Paninis. Dann geht's weiter, Pass für Pass durchs Hinterland.

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Nach den negativen Erfahrungen mit OSMand ohne Schotterverbot versuche ich heute die Navigation mit OSMand mit Schotterverbot. Das funktioniert sehr schlecht, weil viele Strecken hier als unbefestigt markiert sind. So plant OSMand dann gewaltige Umwege, oder einfach Luftlinie über den "unbefestigten" Weg. Schade eigentlich, aber es gibt ja noch Google Maps. Damit geht's, und zwar offline besser als online - weil schneller. So haben wir heute keine Trampelpfade, Schotterstrecken, Äcker oder Wiesen unter den Rädern. Merke: 400 km sind 8h mit 50 km/h, oder 4 Stunden mit 100 km/h.

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Der letzte Passknackerpunkt heute ist "Etna Sud" - dorthin haben wir 1:45 Stunden Überführung, das meiste davon Autobahn. Das könnte man auch getrennt fahren, und so macht Wolfgang sich gemütlicher auf den Weg, während ich den Berg runter noch ein kleines Feuerwerk abbrennen kann. Die Moto Morini ist meiner Versys nicht unähnlich, aber bei gleicher Leistung deutlich länger übersetzt. Der zweite Gang reicht bis 120 km/h, der dritte sogar bis 155 km/h (habe ich ausgerechnet ;) ). Das ist für 60 PS zu lang übersetzt. Das ist sogar an meiner Yamaha MT-09 eher zu lang, da ist es das gleiche Tempo, aber mit 847 ccm und 115 PS, also knapp der doppelten Leistung.

Genug Theorie, der Höhepunkt naht - der Etna! Dieser aktive Vulkan ist der höchste Berg Siziliens mit 3345 Meter. Heute geht's für mich auf immerhin 1980 Meter - das ist der höchste Pass in Sizilien. Auf dem Weg wird es plötzlich herbstlich. Zuvor war noch alles grün, hier wird's gelb und es liegen Blätter auf der Straße. Schilder drohen eine Straßensperrung für Motorräder an, wenn Vulkanasche auf der Straße liegt. Davon ist aber nichts zu sehen. Also hoch da und die Aussicht genießen, soweit es die Wolken zulassen. Frisch wird's auch, aber ich bleibe tapfer.

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Runterwärts sehe ich mehr.

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Hier liegt dann auch vereinzelt Sand auf der Strecke. Weil er schwarz ist, bin ich froh dass es gerade kurz vor Sonnenuntergang ist. Weil ich auf der Ostseite bin, ist aber schon lange alles im Schatten. Unsere Unterkunft ist heute im Ort Zaferna Etna. Ich schnappe mir noch eine Tankstelle, um morgen voll zu starten, und dann checke ich ein. Der Wirt schickt nicht einfach den Code der Schüsselbox, er schickt ein Video, wo er es vorliest - schrullig. Nachdem ich meine 7 Sachen hoch geschleppt habe ist Wolfgang auch schon da, direkt zu sehen vor meinem Schlafzimmerfenster. Prima, so beginnt dann ein gemütlicher Abend nach einen etwas langen, aber stressfreien Tag.

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395 km heute, 23 von 51 = 45,1% Landespreis, 100% Sizilien XXX

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Re: Pässe knacken in Sizilien im November 2024

#11 Beitrag von gery_35 »

der südlichste Passknacker auf Sardinien

Mach ich auch offt, meine das eine, und sage das andere.
Weiters gute stressfreie reise. Toller bericht
Wenn ich rechts drehe, wird die landschaft schneller

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Re: Pässe knacken in Sizilien im November 2024

#12 Beitrag von blahwas »

Sardinien, Sizilien, Hauptsache Italien :)

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Re: Pässe knacken in Sizilien im November 2024

#13 Beitrag von blahwas »

27.11. Etappe 3/5 "Nordosten"

Guten Morgen Sizilien! Blick aus dem Fenster: Motorräder noch da. Sehr gut. Wir machen uns übers zuvor gekaufte Frühstück her. Wir kommen früh aus dem Quark und starten dann versetzt. Weil Wolfgang schneller gepackt hat, aber noch tanken muss, treffen wir uns am ersten Passknackerpunkt des Tages: Etna Nord. Ich ziehe mich warm an und bereite mich auf Kälte vor. Trotz Fahrt auf der Sonnenseite ist es so früh noch ganz schön frisch. Noch frischer als erwartet, als ich weißes Zeug auf der Straße sehe. Mit Fahrspuren drin. Immerhin, es ist "nur" Raureif. Wäre der nicht das erste Mal in einer Kurve aufgetaucht, ich wäre gelassener gewesen. Aber mit einer runden Fahrweise und sicherheitshalber ordentlich warm gefahrenen Reifen komme ich durch und problemlos bis nach oben. Naja, ein kleines Problem habe ich noch: Ein holländisches Wohnmobil. Immerhin ist es das erste Wohnmobil, das mich auf dieser Reise aufhält, und das zweite Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen auf der Tour insgesamt. Oben am Punkt ist Wolfgang schon da.

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Der Asphalt auf der Schleife hier hoch ist übrigens besser als auf der südlichen Schleife. Er sieht sehr neu aus und ist frei von Vulkanasche/-staub. Da brennt im Sommer am Wochenende wahrscheinlich die Luft...

Jetzt geht's nach Norden, aber nicht an der Küste, sondern über die SS185. Die Passknackerpunkte heißen Portella Mandrazzi und Portella Pertusa, und das ist die bislang schönste Strecke auf der Insel!

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Hier kommt dann endlich mal Begeisterung auf. Bislang war es typisch Süditalien, viele "ja, aber!"-Strecken: Kurvig, aber kaputter Belag. Belag okay, aber zu schmal um Schräglagen zu fahren. Breit, aber rechts und links Wald. Hier stimmt alles. Da lassen wir uns auch nicht von Baustellen mit und ohne Ampeln aufhalten. 1A Fahrspaß in toller Landschaft bei perfektem Wetter. So wünscht man sich das :)

Dann erreichen wir die nördliche Küste. Jetzt gilt es den Punkt Colle San Rizzo einzusammeln. 45 Minuten Autobahn, 30 Minuten Berg rauf, umdrehen und runter, und 60 Minuten Autobahn zurück. Nein, das lässt sich nicht besser in die Gesamtroute integrieren. Es gibt enge und steile, gepflasterte Kehren mit Busverkehr. Oben ist ein geschlossenes Restaurant. Wieder unten kehren wir kurz auf eine Cola ein in einen Tabacchi, der nicht wirklich für Touristen gedacht ist.

Nach der Autobahn geht's dann in die Berge, an den Rand des Bosco Grappida. Hier gibt's viele kurvige Strecken zwischen Bergdörfern, wenig Menschen, noch weniger Kinder und immer mal wieder den Blick auf den Etna.

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Es liegen fünf Passknackerpunkte auf einer Luftlinie. Der Routenplaner schätzt für die 52 km 1:21 Stunden, und hat er nicht unrecht. Dafür sind die Straßen wesentlich besser als im Süden, und man hat immer mal wieder imposante Aussichten. Allerdings droht die Sonne schon mit Untergang.

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Und nun, ab zum Hotel! Unser Hotel ist heute außerhalb von Sant’Agata di Militello, und zwar so weit außerhalb, dass es zu Fuß nix zu Essen gibt. Darum halte ich unterwegs Ausschau nach geöffneten Restaurants. Ich fahre gerne Motorrad, auch lang, aber neben süditalienischen Ortsdurchfahren, wo Verkehrsregeln an jeder Kreuzung individuell verhandelt werden, niemand blinkt, und verliert, wer bremst, da nebenbei noch rechts und links nach Restaurants zu gucken, die geöffnet sind, ist echt eine kognitive Herausforderung, und Dämmerung mit Fußgängern und Autos ohne Licht helfen da auch nicht. Ebenfalls nicht helfen tut Google Maps, denn diverse Restaurants haben falsche Öffnungszeiten eingetragen. Als wir eigentlich schon aufgegeben hatten, passieren wir eine sichtbar geöffnete Pizzeria - aber hallo! Eingeparkt, abgesattelt, aus den Klamotten geschält - ja, es ist offen, aber Pizza gibt's erst in 30 Minuten. Das können wir aber noch abwarten. Schließlich gibt's leckere Pizza und zufrieden rollen mir vollen Mägen Richtung Unterkunft.

Außerorts im Dunkeln unsere Unterkunft zu finden ist wieder nicht so einfach, besonders weil Google mich lieber über Feldwege von hinten ran führen will, um ein Linksabbiegemanöver auf der Bundestraße zu vermeiden. Linksabbiegemanöver auf der Bundestraße können gefährlich sein, aber wenn man sie nicht vorher angezeigt bekommt, sondern beim beleuchteten Schild bremsen muss, nachdem man es gefunden hat, dann werden sie nicht weniger gefährlich. Dafür ist LED-Licht der Moto Morini bombastisch, was sicherlich auch daran liegt, dass es gottlos zu hoch eingestellt ist. Auf dem steilen und unbeleuchteten Schotterweg zur Ferienhausanlage hilft das sehr.

Ansonsten war die Google Navigation heute weitgehend fehlerlos. An einer Stelle wollte es nicht im spitzen Winkel rechts abbiegen, sondern mich lieber 2 km in die falsche Richtung schicken, und dann auf eine 4 km Schleife über Geröllpisten zum Wenden. Das habe ich aber durchschaut. Ebenfalls nervig ist, dass Google Maps bei mehreren Wegpunkten gern sehr weit raus zoomt, wenn kein Abbiegemanöver ansteht. Bzw., wenn Google Maps denkt, dass kein Abbiegemanöver ansteht. Je nach Erkennbarkeit der Markierungen wäre das an einigen Stellen doch hilfreich gewesen, und für den Straßenverlauf an und für sich ebenso. Das ist aber noch immer besser als die Routenführung mit OSMand, die nur aus absurden Umwegen oder Feldwegen bestand.

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315 km heute, 61% Landespreis, 100% Sizilien XXX

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fransjup
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Re: Pässe knacken in Sizilien im November 2024

#14 Beitrag von fransjup »

Sehr schöne Ecke :]
Danke fürs mitnehmen :thx:
Bleibt unfallfrei :]
Gruß aus NRW-fransjup

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blahwas
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Re: Pässe knacken in Sizilien im November 2024

#15 Beitrag von blahwas »

27.11. Etappe 4/5 "Zentraler Norden"

Die Nacht war sehr ruhig. Wir sind hier so abgelegen, dass sich auch ein Spaziergang bei Dunkelheit lohnt. Der Blick noch oben zeigt wesentlich mehr als daheim. Die Milchstraße ist auch ohne Brille zu erkennen, immerhin als Linie. Morgens haben wir Zuschauer beim Frühstück.

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Die Katzen sitzen außen am Fensterbrett, weil es zum undichten Fenster wohl leicht warm raus zieht. Innen bekommen wir Frühstücksbuffet und individuell gebackene Croissants. Das ist schwer beeindruckend. Ich habe 38 Euro bezahlt, Wolfgang 53 Euro - in beiden Fällen sehr guter Preis für diese Anlage, nur dass man fußläufig kein Abendessen bekommt. "La Valle degli Ulivi" sei hiermit empfohlen.

Kurz vor 9 geht's los, bei weiterhin bestem Wetter. Google Maps will mich schon wieder über den Trampelpfad nach Norden schicken, aber ich bin schlauer. Stattdessen geht's die Küste entlang, wo ich allerdings nicht recht den Einstieg in die Bergstrecke finde. Wir kommen an einem frischen Kreuzungsunfall zwischen Vespa und Auto vorbei - kein Blut und keine Opfer zu sehen, aber die Polizei schickt uns auf eine nicht ausgeschilderte Umleitung innerorts. Ich versuche den Anweisungen von Google Maps zu folgen, denn der Portella Femmina Morta Miraglia ist eigentlich gleich rechts den Berg hoch und als SS289 auch eine Straße von großer Bedeutung. Nach einer Weile verstehe ich, dass mein Smartphone heute keinen guten GPS Empfang hat. Außerdem möchte es immer wieder Google Maps minimieren. Mit OSMand ist es nicht besser. Dann ist wohl dieses Jahr auch mein zweites Navihandy (Samsung S8) beim Navigieren kaputt gegangen. Die X-Cape rappelt ja auch wirklich kräftig genug. Wolfgang darf vor fahren. Wir schrauben uns den Pass hoch, vom Meer auf 1524 Meter. Schön hier, auch die Aussicht!

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Wolfgang ist so nett und überlasst mir seinen SP Connect Halter, so dass ich mit meinem Haupthandy navigieren kann. So kann er gemütlich hinterherfahren, und ich kann den Weg suchen und mich austoben.

Hinter dem ersten Pass erreichen wir eine Art Hochebene, und die Landschaft sieht plötzlich grün und sanft hügelig aus wie in der Toskana. Eine neue Welt. Nach zwei unspektakulären Pässen biegen wir ab auf die SS217. Hier haben die Passknacker-Admins gleich zwei Punkte hinterlegt. Es ist eine sehr gut ausgebaute Bundesstraße, wo man im sechsten Gang ordentlich Strecke machen kann. Leider habe ich nach dem zweiten Punkt nicht aufs Navi geschaut, oder Google Maps hat einen Fehler gemacht, denn ich führe uns durch eine Reihe von auf für Geländewagen anspruchsvollen Baustellenumfahrungen, und erst ab Mistretta aus den nächsten Pass, den Passo Malopasseto. Ich glaube das ist italienisch für "schlechte Strecke". Passknacker schreibt: "Ruhige Nebenstrecke über das nördliche Küstengebirge. Die Südrampe weist die schlechteren Wegabschnitte auf, die auf kurzen Abschnitten Feldwegcharakter haben können." Und das ist eine sehr deutliche Untertreibung. Hier echt alles dabei an schlechtem Straßenzustand. Dass die Strecke eigentlich gesperrt ist wegen Baustelle versteht sich fast von selbst, aber auch da, wo 10 Jahre nichts gemacht wurde, gehen die Schlaglöcher ineinander über, wenn sie nicht durch Absackungen schon seitlich ins Nichts enden oder direkt in Stufen übergehen. Außer Geröllfeldern, Pfützen, Sand und Matsch ist hier echt alles dabei. Die Maria Stura Kammstraße ist einfacher zu fahren. Die Lingurische Grenzkammstraße auch. Nur Col du Sommeiller und Monte Jafferau sind tatsächlich schwerer zu befahren wegen loser Steine. Eine brutal schlechte Strecke. Das bleibt nicht ohne Folgen. Mein Fußbremshebel fühlt sich anders an. Ein optischer Vergleich mit Wolfgangs Motorrad legt eine Ursache nahe.

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Außerdem geht der Motor nicht mehr aus, wenn ich im ersten Gang den Seitenständer ausklappe. Und so parke ich am liebsten.

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Hier sieht die Strecke noch unschuldig aus.

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Da ist eine Pause nötig. Die Kühe ahnen nichts von dem Ungemach...

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... und auch die Landschaft ist eher unschuldig. Aber irgendwann ist das auch geschafft und es geht wieder normale Straßen entlang. Sehr viele Kurven, aber meistens mit Aussicht auf mindestens einer Seite. Wirklich sehr viele Kurven. Wir gönnen den Motos Sprit und uns eine Pause in einer Bar, leider schon wieder ohne Gelato. Die haben nachmittags nicht auf.

Dann geht's weiter. Auch der nächste Passknackerpunkt wird bewacht.

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Und weiter geht's, Kurven ohne Ende, wenig Verkehr, Straßenzustand wechselhaft, aber nicht nochmal so brutal schlecht. Und schon dämmert es wieder.

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Nach einem Supermarkteinkauf erreichen wir den Ort Isnello, wo wir in getrennten Unterkünften Zimmer haben. Der Ort liegt am Berg, die Straßen und Gassen sind eng und verwinkelt. Viele davon sind Treppen. Wer sich nicht auskennt, geht verloren. Mein Gastgeber trifft mich daher an einem Restaurant an der Hauptstraße. Ich steige in sein Auto, er parkt eine Ecke weiter, und zeigt mir dann den Fußweg zum Eingang der Unterkunft. Die Unterkunft ist einfach, aber ausreichend, dafür aber mit 55 Euro überraschend wenig günstig. Wir regeln die Formalitäten, dann fährt er mich wieder zum Motorrad, ich schnappe mir mein Gepäck und laufe zur Unterkunft. Dabei kommt Wolfgang vorbeigefahren, der seine Unterkunft noch nicht gefunden hat. Ein bisschen schuldig fühle ich mich schon, ich habe ja seinen Handyhalter, so dass er nur mit Ansagen navigiern muss.

Nur 263 km heute, aber nicht weniger anstrengend. Immerhin weniger heiß.

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80% Sizilien geknackt, noch 1 Fahrtag :)

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Re: Pässe knacken in Sizilien im November 2024

#16 Beitrag von fransjup »

Bin gespannt was der Vermieter dazu sagt :pfeif:
noch ein Tag , schaffst ihr schon :kuscheln:
Gruß aus NRW-fransjup

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Re: Pässe knacken in Sizilien im November 2024

#17 Beitrag von wortex »

Sardinien, Sizillien, Hauptsache Spanien? :D

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Re: Pässe knacken in Sizilien im November 2024

#18 Beitrag von fransjup »

Alles OK ? :coffee:
5/5 fehlt noch :pfeif:
Gruß aus NRW-fransjup

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Re: Pässe knacken in Sizilien im November 2024

#19 Beitrag von blahwas »

28.11. Etappe 5/5 "Nordenwesten"

Die Nacht war echt kalt. In meinem Zimmer wird der Heizkörper zwar warm, aber das Zimmer nicht. Dafür hätte man ihn vermutlich deutlich früher einschalten müssen. Ich improvisiere mir eine Mütze und überstehe die Nacht. Frühstück gibt's für mich inklusive in einer Bar anderen Ende des Bergdorfs - ich will nicht 2x laufen. Wolfgang übernachtet woanders und bekommt dort direkt Frühstück. Also packe ich vor dem Frühstück, fahre zur Bar und treffe mich mit Wolfgang am ersten Passknackerpunkt. Das Frühstück ist ein einziges Croissant. es ist aber sehr groß und mit Schokolade gefällt - mjam! Und meine Snack-Vorräte sind auch noch immer prall gefüllt, da beschwere ich mich nicht. Ich bin tatsächlich schon um 8:30 auf Achse, auf die 20 km zur Portella Colla ("Pass Pass"?). Es ist frisch am Morgen auf 1428 Höhenmeter. Bald ist Wolfgang da und wir knacken gemeinsam weiter. Abstecher zur Piano Battaglia, 1632 Höhenmeter, dann zurück und auf 30 km 1000 Höhenmeter runter zum Portella di Mare. Die Sonne scheint und es wird warm.

Ich bin zwar körperlich fit, aber irgendwie auch ausgelaugt, daher heute etwas foto-faul.

Später werden die Strecken schlechter, und dann sind wieder ein paar Kilometer steiniger Feldweg dabei. Wir nähern uns ja auch wieder der Region vom ersten Tag, wo wir viele davon hatten. Das passiert also auch mit Google Maps.

Bei einem Passknackerpunkt finde ich das Schild nicht. Wolfgang hilft: Es liegt umgefahren im Gebüsch.

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Nach einer Runde durchs Hinterland kommen wir schließlich wieder fast am Meer an. Da ist ein Foto Pflicht.

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Der vorletzte Passknackerpunkt ist nochmal eine Herausforderung. Google Maps führt zum Portella dell'Accia über eine sehr kleine Nebenstrecke, die von Einheimischen vor allem zur Müllentsorgung genutzt wird. Angesichts zunehmenden Verbuschung des Weges und großflächiger Glasscherben fahre ich lieber einen großen Bogen. Was am Punkt selbst so schön sein soll, bleibt mir verborgen. Am schönsten war noch die Aussicht vom Müllhügel.

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So, dann ist es nur noch ein Punkt! Da steigt die Vorfreude! So kommt es am Portella Bordonaro zum Abschlussfoto:

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Landespreis Sizilien 2025, erfolgreich geknackt - nicht nur für mich, auch für Wolfgang! Er hätte diese Reise ohne mich wohl nicht gemacht, und wenn, dann nicht in 5 Tagen. Aber er hat's geschafft, und er hatte auch keine gefährliche Situation. Ob ich hin und wieder mal 30 Sekunden auf meine Mitfahrer warten muss oder nicht, das ist mir echt egal. Nicht alleine zu fahren ist immer besser als alleine, und wenn dann auch noch die Chemie so gut stimmt wie hier, dann ist alles im Lot - gerne wieder!

Jetzt ist fast noch zu früh, um die Motorräder abzugeben. Also gibt's noch eine Cafepause, mangels offenem Cafe an einer Tankstelle. Und dann ändere ich meinen Plan, fahre erst zur Ferienwohnung hinter Palermo, dann gebe ich das Motorrad in Palermo ab, und fahre dann mit den Öffis wieder zur Ferienwohnung. So haben wir die Gelegenheit für noch ein gemeinsames Abendessen, und ich muss nicht mit Gepäck in die Öffis.

Ich passiere Palermo im Feierabendverkehr, und fahre vorsichtshalber einfach irgendwem hinterher. Ein Krankenwagen mit Blaulicht steckt im Stau, ohne Sirene, Rollerfahrer überholen ganz rechts. Na gut. Als der Verkehr wieder fließt, fährt eine KTM 790 Duke zickzack über alle Spuren, ahja. Die Autofahrer lassen ganz links Platz, wegen Baumwurzeln. Gut für mich, ich habe eine Enduro! So ist die Ferienwohnung bald erreicht, noch vor der Dämmerung. Der Vermieter hat zwar mehrmals nach meiner Ankunftszeit gefragt, ist aber nicht zu sehen. Nach 20 Minuten warten rufe ich mal an: Lies die Nachrichten. Aah, er kann von zuhause die Tür öffnen. Okay, rein, Schlüssel holen, runter, Gepäck rauf, Dusche! Kein heißes Wasser, nur lauwarm - seufz. Es folgt ein kleiner Spaziergang durch Isola delle Femmine - ohne besondere Vorkommnisse, aber mit Wasserkauf.

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Dann das Motorrad wegbringen, inzwischen ist es dunkel. Wegen Stau auf der Autobahn lotst mich Google durch Palermo, und das klappt überraschend gut, mit insgesamt nur 4 Ampeln auf 20 km. Es geht entlang dem Monto Pellegrino und durch diverse sehr dunkle Parkanlagen. Im Stadtverkehr wird alles Wissen abgefragt, das ich diese Woche lernen konnte. Ich folge wieder eiligen Einheimischen und unterbiete die Google Maps Fahrzeit um ein Drittel. Vor lauter Fahrspaß verpasse ich die Abzweigung zum Vermieter und drehe eine Ehrenrunde um den Block.

Der Vermieter freut sich mich und sein Motorrad wieder zu sehen, findet aber die fehlende Auflage auf dem Bremspedal. Weil der Schaden vorher nicht da war, bekomme ich die Kaution zunächst nicht zurück. Die Werkstatt soll sich das ansehen. Ich bin davon mäßig begeistert, für herabfallende Teile zu haften, das ist ja eher ein Wartungsmangel. Außerdem kann ich per Video zeigen, dass das Teil vorher schon repariert war - die Auflage wird von unterschiedlichen Schrauben gehalten. Angesichts der sehr günstigen Miete von 50 Euro pro Tag (+3 Euro für Topcase) mache ich aber kein Fass auf, sondern lasse das auf mich zukommen. 20 Meter neben dem Vermieter ist eine Motorradwerkstatt, der eine Teilekiste mit alten Bremspedalen hat. Da ist zwar nichts dabei, was unmittelbar passend aussieht, aber ein Metallteil, dass man mit 2x sägen und 2x bohren passend machen könnte. Chef kommt sogar zum Vermieter mit, Vermieter besteht aber auf seine eigene Werkstatt. Wer weiß, vielleicht hat's was geholfen. Ich habe satte 1817 km auf die X-Cape gefahren.

Wolfgang ist schon da, und er zeigt mir eine Eisdiele in der Nähe! Ich klage schon seit Tagen, dass ich keine Eisdiele finde, insbesondere keine geöffnete, wo man auch Eis kaufen könnte. Es schmeckt, auch im Dunkeln. Zum Abendessen gibt's Carbonara im gleichen Restaurant wie am ersten Abend - so schließt sich der Kreis. Dann mache ich mich mit den Öffis auf den Weg nach Isola delle Femmine. Geplant war 5 Minuten laufen, 5 Minuten Bus, 5 Minuten laufen, 20 Minuten Zug, 5 Minuten laufen. Daraus wurde 5 Minuten laufen, 15 Minuten auf den Bus warten, der nie kam, 10 Minuten mit Stehroller zum Bahnhof fahren, 5 Minuten mit Stehroller den Eingang zum Bahnhof suchen, auf Zug warten, 20 Minuten Zug fahren (heute einfacher mit Anzeige und Ansagen), 5 Minuten laufen. Puh! Wenn es hier Uber gäbe, hätte ich eins gerufen, aber Taxifahrern wollte ich mich nicht aussetzen.

Isola delle Femmine ist ein kleiner Küstenort mit lebendigem Ortskern und einem kleinen Hafen. Symbolbild Gentrifizierung:

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Mittig meine Ferienwohnung für die Nacht, links Ruine, rechts ging ein suspekter Typ mit Land Rover und schriller Frisur rein. Morgen früh geht mein Flieger nach Hause, dann kommt noch ein Fazit. Wolfgang macht noch einen Tag Fußgänger in Palermo.

277 km heute
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Mago
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Re: Pässe knacken in Sizilien im November 2024

#20 Beitrag von Mago »

Sehr schön.
Danke für den tollen letzten Tag.
Dann kommt wieder gut nach Hause.
Bei uns scheint das ganze Wochenende die Sonne...bei einstelligen Temperaturen.
Gruß Mago
Gruß aus sehn.de

Um die fünfzig, verrückt wie dreissig, KLE 650 A BJ 2008 Friendly blue und XL750 Speedy

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