Der Süden Indiens - Coast-to-coast

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Helly
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Der Süden Indiens - Coast-to-coast

#1 Beitrag von Helly »

Der Süden Indiens kennenlernen bei einer dreiwöchigen Tour mit lokalem Guide, Royal Enfields und Gepäckwagen...so hiess es bei einem kurzen Telefonat mit dem deutschen Eigentümer dieser Reiseorganisation. Kennengelernt an der schweizerischen Motorradmesse vor einigen Jahren und zum richtigen Zeitpunkt den Flyer ins Mailfach geflattert bekommen.
Und so pack ich fürs Ungewisse; das erste Mal ausserhalb Europa, das erste Mal ne geführte Tour, das erste Mal Mietmotorrad. Ich haspel mich von der richtigen Motorradbekleidung (oder eben gar keine) zu Mückenschutz in allen Formen (das Impfkärtchen ist nun voll, krieg ich jetzt nen gratis Kaffee?) Und der unmöglichen Vorstellung vom Verkehr, Lärm, Gestank und co...haben noch gewitzelt, dass für das alle 12Jahre anstehende grosse Fest am Ganges im Norden nun ja der Süden etwas menschenleerer sein sollte.
Und so flieg ich los, völlig uninformiert weil ist ja geführt.

"Indien ist anders, entweder du liebst es oder du hasst es"
Um 3 Uhr Nachts mitm Chauffeur vom Flughafen ne Stunde durch die nicht so leeren Strassen, der Erste Eindruck entsteht: Links fahren, rechts überholen, ausser da steht was im Weg, dann nachts mit wilder Lichthupe vorbeiziehen. Licht ist zwar an, ausserorts, aber eher der Scheinwerfer. Diese sind auch gut vergittert, denn man quetscht sich halt so vorbei, ausser beim Bus / Truck, der hat die besseren Stosstangen.
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Das Hupen macht nun auch Sinn, denn da die Rückspiegel eh nur Zierde sind, wird beim knappen Überholen oder unübersichtlichen Ecken mit doppeltem hupen auf sich aufmerksam gemacht...oder wenn der gegenüber dir zu knapp entgegenkommt dann muss man durch anhaltendes hupen seinen Ärger mitteilen.

Die touristische Stadt Varkala kommt grad gelegen zum anklimatisieren, an die 30grad, die hohe Luftfeuchtigkeit und die offenere Welt. Hier hat alles Zeit, seine richtige Zeit. Und dieser Flow vom im Moment sein und schauen, was nachher ist, hat schon was entspannendes. Und so geniesse ich die ersten Tage im Café, am Strand oder dazwischen bei nem spontanen Chai im Hinterhof.
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Die Reisegruppe ist ja Zufällig entstanden, je 2 Kollegen aus Deutschland und ich haben uns für die Reise angemeldet und treffen uns zum ersten Mal beim Frühstück im Hotel... ist ja ne Lotterie wen man dann erwischt und ich scheins gut getroffen zu haben.

Uwe_MY
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Re: Der Süden Indiens - Coast-to-coast

#2 Beitrag von Uwe_MY »

Indien ist schon sehr speziell. Und ich unterschreibe, entweder man liebt es. Oder man hasst es.

Hab in Indonesien und Malaysia gelebt, Brasielien und China oft bereits und dachte ich kenne Schmutz, Armut und völlig überlastete Städte.

Bis ich das erste mal nach Indien kam.. 8-)

Aufpassen das Du keine Kühe anfährst! Da sind sie SEHR eigen!

Viel Spaß auf Eurer Tour! Und ab und zu mal ein paar Worte und Bilder fände ich schick. ;)

Cheers

Uwe

Helly
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Re: Der Süden Indiens - Coast-to-coast

#3 Beitrag von Helly »

Die Motorräder stehen schon im Garten des Hotels, toll so ne uralte Royal Enfield mal vor mir zu sehen. Zum fahren dann leider doch eher zäh, da bin ich von meinen piekfein servicegepflegten Japanern gar arg verwöhnt. Mit ausreichend Luftdruck werden nun auch die alten eckigen Reifen (vorne bald slick, hinten stollen) dann doch auch noch bissl laufruhiger, nurs bremsen bleibt zäh aber das braucht man hier in Indien ja nicht. Merken wir nun auch auf der ersten Fahrt durch die Dörfer, denn mit einer ausreichend energischen Hupe kommst du überall weiter.
...und weil ich nun viel zu selten Reisebericht geschrieben habe, fehlts hier an einigen Details. Der erste Eindruck ist nun schon völlig verblasst. Das Chaos der Strasse schon zum Alltag mutiert und die fehlenden Verkehrsregeln haben Platz gemacht für das ineinanderfliessende Durcheinander von Scootern, Mopeds, Motorrädern, Tuktuks, Autos und an allen vorbei ein monströser, bunter und laut hupender Bus.
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An den Linksverkehr gewöhnt man sich echt schnell, man fährt ja eh immer irgendwem hinterher, ob von der Gruppe oder nicht, alle wollen irgendwie da durch. Und an die Hitze gewöhnt man sich auch recht gut, auch mit sommerlicher Vollmontur machbar. Nur die Bodenwellen, Schlaglöcher und der fehlende Belag in der Stadt machens dem Hintern zu schaffen.
Gern schreib ich nachm nächsten Mal aufm Moped sitzen weiter, den detaillierten Reisebericht mit mehr Fotos und Videos findest du auch beim Pinguin https://findpenguins.com/4tipc75iw5ldg/ ... 7-09342404

Helly
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Re: Der Süden Indiens - Coast-to-coast

#4 Beitrag von Helly »

Also irgendwie ja schon speziell, hier Motorrad zu fahren. Mit meiner Hose und Jacke bin ich ja schon ein Exot, aber die Truppe erkennt man super auch von weitem, denn das sind 5 Motorradfahrer hintereinander mit Helm aufm Kopf. Scheinbar gibts Kampagnen fürs obligatorische Tragen von Helmen, aber irgendwie werden diese eher aufm Gepäckträger mitgeführt und der Fahrer kneift auf dem Highway die Augen zusammen, damit er bei dem Staub noch was sieht.
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Bei der drängelnden Fahrweise hier echt erstaunlich, dass nicht mehr Blechschäden zu sehen sind. Und auch beim engen Parkieren in den Innenstädten werden die Mopeds fürsorglich wieder aus der Reihe geschoben, notfalls ruft man noch zwei herbei, die die nebenstehenden Mopeds aufrichten bis man draussen ist. Und doch soll meine alte, verbeulte, farbabblätternde, unrund laufende Maschine ausm 2019 sein. Da wunderts mich schon etwas woher denn die Abnutzung kommt...wobei Sand und Salz in der Luft sind auch nicht grad ne Wohltat für den Lack.
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Und so gehts mittlerweile von der Ostküste schon wieder zurück zur Westküste. Die Strassen hier im Süden sind nicht so spektakulär kurvig, eher alles gradaus und öde. Da erhoff ich mir von den Teeplantagen in den nächsten Tagen doch auch noch geschwungene Strassen bis auf 1600m hoch. Andererseits wohn ich ja nicht unweit der schönsten Motorradstrecken, da kann ich auch zu Hause wieder kurven jagen und hier mal die Kultur und Nicht-Kultur geniessen

Helly
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Re: Der Süden Indiens - Coast-to-coast

#5 Beitrag von Helly »

N bissel Blut gleckt hab ich ja schon, als wir da bei der lokalen Vertretung von Royal Enfield rumlungern, um Tshirts zu kaufen. Nur mal probesitzen, und probestehen, und noch dreimal rundumgehen...
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die Himalayan ist mir am Tank doch etwas zu breit und wuchtig, aber die Scrambler 450 hat schon was. Klein, schmal, knackig...war echt kurz davor ne Probefahrt zu machen aber wohl besser nicht, sonst will ich mich die restliche Tour nicht mehr auf die Classic setzen 😉
Einer von euch die Royal Enfield Scrambler 450 bereits probegfahren?

Uwe_MY
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Re: Der Süden Indiens - Coast-to-coast

#6 Beitrag von Uwe_MY »

Hi Helly,

Wenn Du Dich für ne Himalayan interessierst dann würde ich auch mal die ‚alte‘ Variante anschauen. Die hat nicht diese komische Beule im Tank. Sollte dann auch besser passen.

Wenn Du Meinungen zur Scrambler brauchst, es gibt ein Enfield Forum hier in Deutschland. Dann muß man sich allerdings erst anmelden, einfach so stöbern geht nicht. Bin da auch unterwegs. Allerdings nicht wegen der Himalayan, oder deer Scram sonder deswegen:
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Ist aber nicht mit dem Forum hier vergleichbar. ;)

Weiterhin viel Spaß in Indien!

Cheers

Uwe

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Re: Der Süden Indiens - Coast-to-coast

#7 Beitrag von Helly »

Ab in die Berge: na wie hoch können denn die schon sein an der Küste. Und nach 2 Wochen Flachland, Highway und Meer kennt man ja den Süden so langsam. Naa falsch gedacht: die 1600 Höhenmeter sind ein Traum von Kurven, die Strassen halt nicht und der Verkehr schon gar nicht aber mit nem Motorrad passt du auch knapp neben den Bus. Also nicht zum überholen, denn der Bus überholt dich, laut hupend in der Kurve und du hofst nur, dass da vorne jetzt kein Sandhaufen kommt.
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Vor lauter Kurvenfahren hab ich auch vergessen, dass da links und rechts nochn Wildtierreservat gewesen wäre und seltene Affen am Strassenrand sitzen. Zumindest einen hab ich in der Pause noch eingefangen
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Janu, Prioritäten gesetzt und genossen. Und so gehts heute weiter durch die hügeligen Teeplantagen von Munnar, bin gspannt was es sonst noch so am Strassenrand zu entdecken gibt.
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Hier sind alle Bilder der Reise zugänglich: https://findpenguins.com/4tipc75iw5ldg/ ... 3-94151395

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Re: Der Süden Indiens - Coast-to-coast

#8 Beitrag von Helly »

Nach einem allerletzten Tempel von aussen und innen gehts wieder zurück in den Staat Kerala. Da wo die Berge sind, die Kurven, die Wälder und auch der Wohlstand, wenn man das Bisschen denn so nennen kann.
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Wir nehmen den Highway, also diesmal die breit ausgebaute Strasse die Berge hoch mit perfekten Kurven, super Belag und breit genug um alles andere zu überholen.
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Bei 1500m erreichen wir die Teeplantagen, es ist alles saftig grün rundum, es wird angenhm kühl und die Kurven schlängeln sich weiter durch die endlos hügelige Landschaft. Ein Traum hier zu fahren, vorallem für Motorradfahrer, erst recht wenn man 2 Wochen lang nur gradaus gefahren ist.
Die Hotels sind wieder besser ausgestattet, die montierten Ablagen nur noch halb so schräg und die Stromausfälle seltener. Ein Tagesausflug in die TopStation bringt nochmals 30km Kurven, leider mit viel Verkehr und zögerlichem überholen. Und doch zaubert dieser Fahrspass und allen ein Grinsen ins Gesicht.
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Re: Der Süden Indiens - Coast-to-coast

#9 Beitrag von Helly »

Und Tags drauf fahren wir durch das weitere superkurvige Kilometer zum Dschungelreservat. Also auf dieser Seite des Zauns liegt das Hotel, vergittert und verglast sind die oberen Stockwerke.
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Und zur Dämmerung sieht man zwischen den riesigen Bambusbüschen die Laufvögel am Wasserloch, die Tapire durch den Matsch stapfen und hört das Rascheln und Knacken in den Stämmen, begleitet von fremdartigen Lauten.
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Zum Frühstück sehen wir dann die Lärmenden: es sind Affen, unzählige Makakken, sie streiten sich um zugefütterte Bananen und geklaute Snackverpackungen.
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Die Dschungelwanderung am nächsten Tag ist leider etwas ereignislos, kein Wunder kurz vor Mittag der Sonne entlang. Breiter kühler Fluss hin oder her, auch mir wärs zu heiss um mich da noch blicken zu lassen. Nichtsdestotrotz ein toller Spaziergang in der üppig grünen Natur, in absoluter Stille, ohne Müll rundum und mit gelegentlichem Vogelgezwitscher.
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Re: Der Süden Indiens - Coast-to-coast

#10 Beitrag von Helly »

Weiter gehts, denn die berühmten Backwaters dürfen nicht fehlen. Ein riesiges Kanalsystem mit Seen, verbunden mitdem Meer. Und darin viele Touristen in schmalen Holzboote welche mit einem Stechruder durch die schmalen Kanäle, an Shrimpsfarmen und Mangroven vorbeigeschaukelt werden.
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Entschleunigt werden wir bis vors Hotel geschippert und geniessen den letzten Sonnenuntergang. Hier würd ich echt gerne länger bleiben.
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Und nun steht der letzte Tag an, der Flug ist gecheckt, die Wehmut steigt auf. Ein letztes mal auf die Enfield schwingen, noch paar Kurven kratzen, noch einen letzten Chai und schwups sind wir schon am Ziel. Es bleibt noch etwas Zeit für ein letztes wehmütiges Baden im Meer, dieses Stück Traum einfangen im Kopf und Herzen.
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Ganz ehrlich, es war ne super Tour aber hier im Staat Kerala ist es einfach nur traumhaft schön. Am Strand, im Hotel, in den Bergen und auf den Strassen. Ich verstehe nun, weshalb manche Bekanntschaften hier für Monate an diesem einen Ort bleiben können.

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