Unsere Route führt heute wieder nach Norden. Wir folgen der Route Napoleon, dann biege ich ab auf kleine Pässe. Markus fährt ab irgendwo lieber direkt zur nächsten Unterkunft, Reifen sparen. Nachdem wir unsere Hütte geräumt und die 50 Euro Kaution wieder bekommen haben brechen wir bei 6 Grad im Nebel auf. Brrr. Heizgriffe an, Sitzheizung an, Heizjacke an! Aber schon nach 15 Minuten schrauben wir uns weit genug in die Höhe, dass wir die Wolken unter uns lassen. Grüße vom Col des Lèques!

Auf der Route Napoleon kommt man sehr gut voran. Heute ist Feiertag in Frankreich (und auch in anderen Ländern Europas), darum ist wenig LKW-Verkehr, aber umso mehr Motorradverkehr. Es scheint auch ein Harley-Treffen zu sein. Alle grüßen zurück, manche grüßen an manchen Stellen besonders intensiv. Alles klar, Gefahrenstelle! Die Gefahr war aber bereits mit einem PKW beschäftigt, und ohnehin sind wir immer völligst regelkonformst unterwegst. Es geht an Digne-les-Bains vorbei ins Hinterland, den schmalen Col du Pas de Bonnet hoch, und in Verlängerung den Col de Fontbelle. Hier war ich noch nie, weil es so abgelegen ist, und mit über 50 „Kehren“ auch eher zeitraubend. Es ist aber landschaftlich schön und der Streckenzustand ist besser als erwartet. Im Sonnenschein kann man es hier durchaus aushalten. Wir machen Pause mit vorbereiteten belegten Baguettes.


So erreichen wir gemeinsam Sisteron und folgen wieder der Route Napoleon.

Ich biege nun westlich ab, noch mehr Hinterlandpässe. Markus fährt ab jetzt direkt – winke winke, bis später! Col du Reychasset (Laux) und Col de la Flachière sind wieder landschaftlich schön, und fahrerisch teils solides Gebolze, teils stoisches Gestocher. Haken dran, ab nach Norden, ins Mittelgebirge Vercors! Das ist heute weniger Zwischenziel als direkter Weg unter Vermeidung von Mautstrecken, mit einer Ausnahme: Der Schotterpass Col de Romeyer möchte noch entdeckt werden. Der unbefestigte Teil ist kurz, anscheinend nicht sehr steil und laut OSM auch recht solide, darum wage ich es. Und siehe da:

Sehr gut machbar, und ich habe die Strecke für mich alleine, und die Landschaft auch. Und das ohne großen Zeitverlust. Der Col de Rousset führt auf die Hochebene hinauf, in einer Streckenführung, wie sie ein Rennstreckenarchitekt nicht besser hinbekommen hätte. Ich mag es ja nicht, wenn mich jemand überholt, oder wenn ich jemanden aufhalte, aber das war heute beides nicht der Fall. Eine Gruppe Supermotos mit 1-3 Zylindern kam mir nur entgegen, manche davon sogar auf ihrer Straßenseite... Die Aussicht von oben ist überragend.

Es ist aber ganz schön frisch und sieht auch ständig so aus, als würde es jederzeit losregnen. Einfach nur übers Vercors zu brennen ohne Umweg über den Combe Laval fühlt sich falsch an, aber da war ich schon, die Route ist heute eher lang, und auf der direkten Strecke war ich halt auch noch nie. Wieder im Tal passiere ich Saint-Marcellin, wo unsere Unterkunft ist, aber ich habe noch was vor: Den Col de la Madeleine (Isère), weil ich da noch nie war. Fahrerisch nichts berühmtes, aber von dort hat man einen schönen Blick über die Stadt und aufs Vercors. Dann wieder runter, Sprit fassen, und rein in die Bude! Markus hat inzwischen den Vermieter der Ferienwohnung auftreiben können (Klingel statt Telefon) und so beziehen wir trocken unsere Zimmer.
Morgen trennen sich unsere Wege. Am letzten gemeinsamen Abend ist traditionell ein Besuch in einem echten französischem Restaurant geplant, davon haben wir hier viel Auswahl...

380 km heute