Es passierte am 04.12.2013. Ich hatte mal wieder einen viel zu langen Arbeitstag und habe um 19:30 Uhr aufgehört, nur weil meine Tochter angerufen hat und mich gebeten sie bei einer Freundin abzuholen - sie wollte nicht alleine mit der U-Bahn fahren. Ich also meine Pseudo-Motorradklamotten (windundurchlässige regendichte Fahrradjacke und -hose gegen Kälte) drübergezogen und auf meine kleine Beta geschwungen. Musste erst heim, auf's Auto wechseln und dann zu meiner Tochter (also zur Freundin). Es war dunkel, trocken und ca. 2-3°C Temperatur.
War schon fast daheim, als auf der Gegenspur ein mir entgegen fahrendes Fahrzeug - unvermittelt und nicht an einer Kreuzung oder so - ca. 15 m vor mir links abbog, um in eine Einfahrt in die Fußgängerzone einzufahren. Keine Ahnung warum der junge Fahrer mich übersehen hat. Ich sah nur noch mit grossem Schrecken, wie der Seat (Leon glaub ich, älteres Baujahr) beide Spuren meiner Fahrtrichtung querstehend dichtmachte. Habe versucht nach links auszuweichen, quasi vielleicht hinter ihm vorbeizukommen. Aber der fuhr nicht wirklich, sondern schlich eher auf die Einfahrt zu.
Als ich hinten in das über beide Fahrspuren quer stehende Fahrzeug einschlug, hatte ich keine Ahnung was jetzt alles passieren wird. Das Auto erreichte ich - nach der Erfassung der sich anbahnenden Gefahrensituation - ziemlich schnell. Ich hatte nicht das Gefühl, dass das was ich auch immer als Reaktion getan hatte, viel geholfen hat. Ich habe trotzdem irgendwie mitbekommen wie zuerst das Vorderrad, dann die Lampenfront, der Lenker (mehr rechtsseitig) und dann ich, so nacheinander, sich ins/ans Auto "schmiegten". Wie ich anschliessend irgendwie hinterm Auto vorbei auf die linke Seite gelandet bin, hab ich gar nicht mehr erfassen können. Nach dem Einschlag lag ich also plötzlich ca. 2 m hinter dem Auto auf der linken der beiden Fahrspuren meiner Fahrtrichtung. Offensichtlich hatte ich es doch geschafft mein Motorrad von den ca. 50 höchstens 60 km/h deutlich zu verzögern, sonst hätte ich eine ganz andere Flugbahn absolviert ...
Bin dann aber trotzdem "sofort" wieder aufgestanden. Es kamen Leute und wollten helfen (es ist ja mitten in der Stadt, viele Autos waren auf den beiden entgegengerichteten Fahrspuren). Die Autos in meiner Fahrtrichtung hatten mittlerweile vor der Unfallstelle angehalten. Gott sei Dank war ich an der letztn Ampel das erste Fahrzeug in meiner Spur und konnte als Motorrad einen Vorsprung herausfahren. Andererseits kann das genauso der Nachteil gewesen sein, der zu dieser Situation geführt hat. Das ist Schicksal, basta!
Ich also wieder aufgestanden, bin selber zur Seite gelaufen. Die beiden am Unfall beteiligten Fahrzeuge wurden von der Strasse geräumt und alle herumliegenden Teile aufgesammelt. Der Verkehr konnte wieder ungehindert weiter. In der Fußgängerzone hatten sich mittlerweile einige Passanten angesammelt, einige kamen aus dem Café zu dem anscheinend die beiden Insassen des Unfallautos hinwollten. Ich fühlte mich wie nach einer Schlägerei (nicht dass ich da Erfahrung hätte, aber so stelle ich mir das vor) und rief erstmal meine Frau zu Hause an. Sie sollte meiner Tochter Bescheid sagen, dass ich nicht komme ...
Ich bat Anwesende die Polizei zu rufen, aber irgendwie wollte das keiner übernehmen. Man fragte mich allerlei: wo ich plötzlich herkam, wie schnell ich gefahren sei, ob ich Führerschein hätte, wie ich mich fühle, ob ich verletzt sei, ... Ich konnte aber selber nicht wirklich einschätzen, wie die körperliche Schadenssituation aussah. Am deutlichsten machte sich aber langsam die rechte Hand bemerkbar! Habe vorsichtig den Handschuh ausgezogen - war bereits ein schmerzhafter Vorgang - um dann zu sehen wie die Mittelhand deutlich angefangen hatte anzuschwellen. Das fand ich beunruhigend und rief selber die 112 an. Ich schilderte knapp was passiert war und bat einen Krankenwagen und Polizei vorbeizuschicken. Nach ca. 10 Minuten traf der Krankenwagen (mit 2 Frauen Besatzung!) ein, noch keine Polizei. Ich also in den Krankenwagen, dabei nochmal genau auf's Kennzeichen des Unfallautos geschaut - gut einprägen! Aus dem Krankenwagen nun die 110 angerufen und gebeten einen Streifenwagen vorbei zu schicken. Während meiner Erstversorgung, traff meine Frau ein und meine Tochter (U-Bahn Haltestelle war gleich in der Nähe). Anschliessend dann die Polizei, die gleich wissen wollte ob ich was getrunken hätte. Da ich nichts gegen einen Test eingewendet hatte, liessen sie mich sofort ins AlkTestgerät blasen.
Ich musste langsam ins Krankenhaus, Frau und Tochter blieben mit der Polizei vor Ort. Unfallprotkoll wurde erstellt und die Personalien ausgetauscht. Ich wurde in der Unfallambulanz abgeliefert und hatte immer noch keine Schmerzmittel erhalten. Das war unangenehm, denn die Schmerzen wurden kontinuierlich schlimmer. Es brannte und schüttelte mich immer wieder vor Schmerz. Mittlerweile spürte ich nicht nur die zu einem kleinen Luftballon angeschwollene rechte Hand, sondern auch beide Knie, beide Fußgelenke, den rechten Ellenbogen und den linken Hüftknochen. Es war mittlerweile mehr als eine Stunde seit der Detonation vergangen ...
Man wollte mir jedoch nichts verabreichen, bevor ein Arzt eine Schadenbegutachtung vorgenommen hatte. Das sollte noch gut 15 Minuten dauern, bis ich dann endlich das erlösende Becherchen mit flüssigem Schmerzmittel erhielt. Man war das eine Wohltat! Deutlich konnte ich vernehmen wie die Schmerzen sich immer weiter entfernten bis sie sehr dezent und erträglich wurden.
Anschliessend Röntgen aller betroffenen Körperpartien. Zum Glück waren unterhalb des Bauchnabels nur Prellungen und Schürfwunden zu konstatieren. Am linken Knie am schlimmsten: da war die Regenhose, meine Anzugshose und die lange Unterhose drunter durchgewetzt und entsprechend auch eine etwas tiefere Schürfwunde in Höhe der Kniescheibe. Sogar am linken Schuh war das Leder durchgewetzt, der Fuß selber aber nicht beschädigt. Das linke Fußgelenk wurde jedoch nach aussen überdehnt, wie wenn ich umgeknackst wäre.
Oberhalb des Bauchnabels sah es besser aus als unten, bis auf die Mittelhandknochen 4 und 5 der rechten Hand. Diese sind gebrochen! Deshalb kam ich, nach Versorgung und Verbinden der Beine, gleich zum Handchirurgen. Dieser meinte es wäre besser die Knochen zu repositionieren und zu fixieren - operativ. Ich bin mittlerweile ein OP-Gegner, nur wenn es unbedingt sein muss. Bin im letzten halben Jahr - aus eigenen und fremden Erfahrungen - sehr geprägt worden. Der Handchirurg erklärte mir, er könne das bewerksteligen ohne die Hand zu öffnen. Er würde von aussen die Knochen repositionieren, durch die Haut und Knochen bohren und Drahtstifte einführen (2 pro Knochen überkreuz). OK, so machen wir's ...
Ich durfte wieder heim, am nächsten Morgen sollte ich wieder kommen zur Vorbereitung und Mittags um 13:00 Uhr OP-Termin. So geschehen, es wurde nur der Arm betäubt durch Plexus-Anästhesie in der Achselhöhle. Danach ist der Arm wie ein Stück Holz das nicht mehr zu einem gehört. Wie wenn er Nachts eingeschlafen ist, alles bitzelt und man kann nichts mit ihm machen. Die Hautnerven haben allerdings noch etwas Empfindungen. Diese Plexus-Anästhesie habe ich als bislang unangenehmste Form der Betäubung kennengelernt. Es gab insgesamt 6!!! Spritzenfüllungen in die Achselhöhle. Und wenn die Spritze einen Nerv berührt - was bei der 6ten Spritze geschah - dann ist das als ob man den Finger in die Steckdose gesteckt hätte. Wow, Aaaahhh ...
Nach der OP wurde die rechte Hand wieder in eine Gips-Halbschale verbunden - wie schon am Vorabend - um ruhiggestellt zu werden. So bin ich jetzt immer noch zu Hause - arbeitsunfähig deklariert - bis zum 10. Januar. Am 08.01.2014 werden unter örtlicher Betäubung (diesmal nur Hand) die Drahtstifte wieder entfernt.
Ich war schon beim Anwalt, habe Motorrad abschleppen lassen, Gutachten veranlasst. Gutachten ist gerade eingetroffen, muss als nächstes mit dem Anwalt besprechen welche Wiederherstellungsvariante am besten ist. Reparaturkosten (Brutto) entsprechen fast dem Zeitwert, also evtl. auch Totalschaden. Mal schauen ...
Trotzdem bin ich froh, in diesem Unglücksfall eigentlich Glück gehabt zu haben. Die körperliche Schadensbilanz ist für einen solchen Unfall günstig!
![lächeln :-)](./images/smilies/icon_smile.gif)
Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch euch allen,
ich habe dieses Jahr schon genug erlebt
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iOn.